Weltweit erste roboterassistierte Operation bei seltener Innenohrerkrankung in Bern durchgeführt

Medizinischer Durchbruch am Inselspital, Universitätsspital Bern: Erstmals weltweit haben Chirurg:innen und Forschende Anfang August 2025 eine seltene Innenohrerkrankung mit roboterassistierter Präzisionschirurgie behandelt. Der Eingriff bei einer Patientin mit Superiorer Bogengangsdehiszenz (SCDS) verlief erfolgreich und eröffnet neue Behandlungsmöglichkeiten für Betroffene dieser belastenden Erkrankung.

Das Operationsteam setzte beim Eingriff den HEARO-Operationsroboter ein, der ursprünglich am Inselspital Bern und vom ARTORG Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern unter der Leitung von Prof. Dr. Marco Caversaccio entwickelt und später vom Schweizer Medizintechnikunternehmen CAScination auf den Markt gebracht wurde. Während der Roboter etabliert bei Cochlea-Implantationen eingesetzt wird, markiert dieser erste dokumentierte Eingriff am Gleichgewichtsorgan einen Meilenstein in der minimalinvasiven Ohrenchirurgie.

«Diese Technologie erlaubt uns, die empfindlichen Strukturen des Innenohrs mit submillimetergenauer Präzision zu erreichen», sagt Dr. Philipp Aebischer, Gruppenleiter im Hearing Research Laboratory am ARTORG. «Durch die Anpassung des Arbeitsablaufs für Cochlea-Implantationen an diese seltene Erkrankung konnten wir die Patientin mit höchster Genauigkeit und minimaler Belastung des Gleichgewichtsorgans behandeln.»

Die betroffene Person litt jahrelang unter belastenden Symptomen: übermässige Wahrnehmung eigener Körpergeräusche (Autophonie), pulsierende Ohrgeräusche und durch Druck ausgelösten Drehschwindel. Der hybride Eingriff verlief erfolgreich: Der Roboter bohrte zwei winzige Zugänge zum betroffenen Gleichgewichtskanal, anschliessend verschlossen die Chirurg:innenen den Kanal manuell.
 

Neue Möglichkeiten für Präzisionschirurgie am Ohr
Die behandelte Person erholt sich gut – die belastendsten Symptome haben sich deutlich gebessert, das Hörvermögen blieb erhalten. Das Team plant bereits weitere Einsätze dieser Technologie.

Vor dem Eingriff führte das beteiligte Team eine Machbarkeitsstudie durch: Es plante den Eingriff virtuell anhand von Computertomographie-Aufnahmen und testete dies an einem künstlichen Felsenbein (einem besonders harten Teil des Schädels, welcher das Innenohr schützt) im Labor, um das Verfahren zu validieren und die Sicherheit für den klinischen Einsatz zu gewährleisten. «Das erfolgreiche Ergebnis eröffnet neue Möglichkeiten, den Einsatz von Operationsrobotern über die Cochlea-Implantation hinaus auch auf andere anspruchsvolle Eingriffe im Bereich des Ohres und angrenzender Strukturen auszuweiten,» ergänzt Prof. Dr. Georgios Mantokoudis, leitender Operateur dieses Falls und Stellvertretender Chefarzt der HNO-Klinik am Inselspital. «Dies könnte die Präzisionschirurgie am Ohr nachhaltig neu definieren.»