Kurzbeschreibung:
Die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP, Morbus Moschcowitz) und das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) sind nahe verwandte, akute klinische Syndrome mit mikroangiopathischer hämolytischer Anämie (MAHA) und Thrombozytopenie. In unterschiedlichem Ausmass kommt es neben der Anämie zu Nierenfunktionsstörungen, neurologischen Ausfällen und Fieber. Dem klassischen hämolytisch-urämischen Syndrom, meist bei pädiatrischen Patienten, geht typischerweise eine blutige Durchfallerkrankung ausgelöst durch Verotoxin-produzierende enteropathogene Keime, z.B. E. coli O157:H7, voraus. Die klassische TTP des Erwachsenen beruht meist auf einem Mangel an ADAMTS13 (von Willebrand Faktor (vWF)-spaltende Protease). Häufig kann ein Autoantikörper (Inhibitor) gegen ADAMTS13 und damit die autoimmune Genese der Erkrankung nachgewiesen werden.
Pathogenetisch kommt es zur mikrovaskulären Thrombosierung (Mikroangiopathie) mit vWF-Plättchen-Thromben (TTP), resp. eher Fibrinogen-Plättchen-Thromben (HUS), die sich in einem Verbrauch von Thrombozyten (Thrombozytopenie) und einer Zerstörung der Erythrozyten (intravasale Hämolyse, Fragmentozyten) manifestieren. Bei der klassischen TTP verursacht der Mangel an ADAMTS13 eine ungenügende Grössenregulation der überlangen vWF-Multimeren, welche spontan Plättchen binden und dadurch die mikroangiopathische Gefässläsion hervorrufen.
Klinisches Bild der TTP:
Die klassische, thrombotisch-thrombozytopenische Purpura des Erwachsenen ist ein sehr seltenes, erworbenes, fulminat auftretendes und unbehandelt meist tödlich verlaufendes Krankheitsbild. Das Vollbild mit klassischer Pentade aus mikroangiopathischer Hämolyse, Thrombozytopenie, Nierenversagen, fluktuierenden neurologischen Ausfällen und Fieber wird heute wegen der meist frühen Diagnosestellung nur noch selten beobachtet. Die Therapie besteht aus Plasmaaustausch (Plasmapheresen) und Substitution mit frischgefrorenem Plasma (enthält ADAMTS13). Ein rascher Therapiebeginn ist zwingend zur Reduktion der Morbidität und Mortalität.
Eine in jüngerem Alter auftretende, rezidivierende Form der TTP beruht auf einem hereditären Mangel an ADAMTS13 (Upshaw-Schulman Syndrom).
Das HUS wird typischerweise durch Shiga-Toxin produzierende Darmbakterien wie z.B. Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) verursacht. Es tritt darum häufig zusammen mit Durchfallerkranungen auf.
Hämatologie:
Das Blutbild der TTP ist charakterisiert durch das Vorliegen von Fragmentozyten als Ausdruck der Mikroangiopathie. Üblicherweise ist die Anzahl an Fragmentozyten sehr hoch und beträgt typischerweise >1%. In seltenen Fällen finden sich aber auch nur vereinzelte Fragmentozyten. Die massive Hämolyse führt zu Polychromasie und Ausschwemmung von Normoblasten. Weiter besteht eine deutliche, nicht selten schwere Thrombozytopenie. Die Zeichen der Hämolyse (Bilirubinerhöhung, Retikulozytose, supprimiertes Haptoglobin) sind positiv. Typisch sind sehr hohe Werte der LDH, die sowohl durch die Hämolyse wie durch die Gewebeschädigung zustande kommen. Die Messung der ADAMTS13 dient bei der klassischen TTP zur Diagnosesicherung (sehr tiefe Werte) und ist hilfreich bei der Verlaufsbeurteilung unter Therapie.
Knochenmark:
Die Diagnose einer TTP/HUS muss notfallmässig gestellt werden. Eine Untersuchung des Knochenmarks ist nicht norwendig. Im Falle von therapierefraktären oder anderweitig untypischen Verläufen empfiehlt sich eine Knochenmarkspunktion zu Ausschluss sekundärer Ursachen. Ansonsten zeigt das Knochenmark eine gesteigerte Erythro- und Megakaryopoiese.